WINTERWANDERUNG
von der Sulzwiese zur Elisabethwiese am 10. Februar 2019
Eis und Schnee auf den Baumstämmen bei der Sulzwiese sind in den letzten Tagen schon ein wenig geschmolzen.
Immer schon haben mich die Muster fasziniert, die die Feuchtigkeit
auf den Schnittflächen bildet.
Im Eiskristall-Gesicht braunschwarze Holzaugen.
Die Nase ganz weiß. Der Mund seitlich verzogen, verzerrtes Lächeln?
Links: wie eine Blume – bestehend aus einer weißen Zahl (220) und abgeschürftem Holz.
Rechts: Eiskristall-Konturen, Holz-Brauntöne von Tiefdunkel bis Hellbraun.
Das Eis zieht sich langsam zurück und läßt den Baumstamm frei.
Rinden-Flechten-Landschaft, Schollen. – Schönheit in der Verwitterung.
Geborstener Ast. Und rechts: ein vergeblich ausgestreckter Holz-Arm.
Von der Sulzwiese hinab Richtung Weidling – weiße Schneereste im braunen Blättermeer.
Blick in den Nebelwald. Gewirr von Ästen und Zweigen mit wenig Blattwerk, wuchtige Stämme.
Schnee-Tritt - welches Tier? Abdrücke sehr deutlich, wie ein Katzengesicht.
Gefrorenes Rinnsal. Hier heißt es vorsichtig sein.
Schimmernder Eisglanz im Sonnen-Gegenlicht, schön und tückisch.
Auch im Winter sind nicht alle Bäume entlaubt,
an zarte Ästchen heften sich elegant geschwungene Blätter.
Helle Grüße vor tiefer Dunkelheit.
"Hie und da ist an den Bäumen / Manches bunte Blatt zu sehn, /
Und ich bleibe vor den Bäumen / Oftmals in Gedanken stehn"
(Wilhelm Müller, Winterreise, vertont von Franz Schubert)
"Schaue nach dem einen Blatte, /
Hänge meine Hoffnung dran;
Spielt der Wind mit meinem Blatte, /
Zittr' ich, was ich zittern kann."
(Wilhelm Müller, Winterreise, vertont von Franz Schubert)
Rindeninseln, vom Flechtengrün überstreut
Jedes glitzernde Eismuster auf dem gefrorenen Boden ist anders.
Von den Holzfällern wundgeschlagener Baum – so viele schmerzhafte Kerben . . .
Auf diesem ansteigenden Forstweg, jetzt mit Fahrzeugspuren und Schneerändern,
habe ich in vergangenen Sommern den Admiral und das Tagpfauenauge gesehen.
Werde ich ihnen an heißen Tagen wiederbegegnen?
Im fahlen Nachmittagslicht strahlt die Rinde silbern-bläulich zurück.
Ein Ineinandergreifen, Kreuzmuster, diagonal.
Schnee-Stein-Blatt-Stilleben
Blick auf Weidling, im sanften Nebellicht, dem Auge Schonung.
Gebrochene Steine im welken Blatt- und Astwerk
und Blätter im Schnee – nein, ich habe sie nicht so hingelegt,
nur so vorgefunden: Objets trouvés, eher: Feuilles trouvées.
Schneereste am Rand einer großen Wiese.
Sommer-Erinnerung: Dahinter Hartriegelsträucher (Dirndl), Brombeeren . . .
Die Höhenstraße im Winter windet sich wie ein silbern-graublaues Band
durch den Wienerwald.
Weg in Morast und Eis. Gestürzte Bäume.
Überwunden! Rückblick.
Schneereste in den Tiefen einer schmalen Schlucht.
Blattzauber: Brauntöne im Schnee-Weiß. Zärtlich geschwungener Zweig.
An der tiefsten Stelle des Weges: Birken.
So, wie sie fallen, liegen sie im Laub, mit weißer Rinde und dunklem, feuchtem Holz.
Im Wandern: Ausblicke auf die Höhenstraße, hellsilbern bläulich im Nachmittagslicht.
Jeder Ausblick ist anders. Und nur der Winter gibt die Blicke frei!
Höhenstraßen-Hellgoldband in der Spätnachmittagssonne.
Es geht wieder bergauf. Die Wurzeln der ausgehöhlten Baumstumpf-Krake
halten Erde und Steine fest.
Als würden sie leben, dem Fällen des Baums zum Trotz!
Man ist einsam auf diesem Weg mit Blick zur Höhenstraße.
Während meiner ganzen Gehzeit sind mir nur zwei Jogger begegnet, besser gesagt,
sie haben mich überholt.
Kein Wunder, so langsam, wie ich gehe, beim Schauen!
Diese Durchblicke sind nur im Winter möglich.
Daher: kein Bedauern wegen der blattlosen Bäume!
Rindenstück: Braunschwarz, Braunrot: dunkel und hell!
Letzter Abschnitt des Weges vorm Eintritt in die Höhenstraße.
Bus-Haltestelle Elisabethwiese, angrenzend: Josefinenhütte, heute umbenannt in
"Hütte am Weg" beim Waldseilpark, aber die alte Bezeichnung, die man seit jeher kennt,
ist auch wieder zurückgekehrt!
Die Pflasterung der Höhenstraße ist ein Kunstwerk!
Ob das heute noch jemand könnte?
WANDERN IM WINTER: EIN ERLEBNIS AUCH AN TRÜBEN TAGEN!
Fotos: Copyright Dr. Waltraud Neuwirth, Wien
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